Mit der Schwalbe in den Osten.
Am
Montag, den 5. Mai, klingelt um halb fünf der Wecker. Der erste Blick
gilt dem Wetter, das mich aber heute nicht im Stich lässt. Es ist
trocken. Die Schwalbe steht gepackt in der Garage, und wartet auf die
Dinge, die auf sie zukommen. Und das soll heute nicht wenig sein.
Immerhin möchte ich in einem Rutsch in den Thüringer Wald, und zwar
genau in dem Ort, wo Schwalbe vor 28 Jahren zusammengebaut wurde. Nach
Suhl, das im Augenblick um die 410 Kilometer entfernt ist. Rein
rechnerisch bedeutet das bei einem Schnitt von 40 Km/h in der Stunde
über zehn Stunden Fahrt. Nach 50 Kilometer eine Pause von zwei Minuten,
nach 200 Kilometer eine etwas längere Tankpause, so stelle ich mir das
vor; mal sehen, wie die Wirklichkeit wird.
Um 5:15 Uhr
trete ich den Kickstarter der Schwalbe dreimal herunter, und wie immer
springt ihr Motörchen locker an. Es ist zwar trocken, doch wirklich warm
ist anders, also habe ich unter Jeans und Motorradjacke noch einen
Sportanzug. Ausziehen kann ich die Sachen ja immer noch.
Im
Topcase, das wasserdicht ist, sind meine Anziehsachen. In den
Satteltaschen, die rechts und links an der Schwalbe hängen, sind die
Sachen, die man sonst noch braucht. Weil diese nicht dicht sind, habe
ich alles noch mal in Gefrierbeutel gepackt, seien es die Bücher, sei es
die Elektronik, die ich mitschleppe. Auf der Motorabdeckung habe ich
noch eine Magnettasche mit den Regensachen, die ich hoffentlich nicht so
oft brauche..................
Ich schalte den Motor aus. Jetzt
lässt sie sich auch nicht mehr rückwärts rollen. Nur mit Mühe bekomme
ich sie auf den Hauptständer. Bei der Ursachenforschung fällt mir am
Hinterrad ein gerissener Kettenkasten auf. Ich löse das Hinterrad mit
meinem Bordwerkzeug, das ich immer mithabe, und sehe die Bescherung. Die
Kette ist gerissen. Mit vielen Defekten hätte ich gerechnet, aber das
die Kette reißt, im Leben nicht. Aus diesem Grund habe ich auch keine
Ersatzteile, außer einer Zündkerze und einem Döschen mit Reparaturzüge,
mit. Man hat sowieso nicht das Richtige mit, wie man jetzt wieder sieht.
Eine Kette hätte ich nie mitgenommen.
Nach
einigem Minuten des Überlegens ist mir klar, was ich machen muss. Ich
schreibe mir die zwei Straßen der Kreuzung, an der ich stehe, auf und
rufe den ADAC, wo ich Mitglied bin an.
„Warten Sie einen Augenblick. Sie werden zum nächsten freien Serviceplatz verbunden“.
Lange
brauche ich diese Ansage nicht zu hören, und schon habe ich eine
Mitarbeiterin aus Fleisch und Blut an meinem Ohr. Sie möchte wissen, wo
ich stehe und um welches Fahrzeug es sich handelt.
„Simson? Das habe ich nicht im Verzeichnis, welcher Typ denn?“
„Das ist eine Schwalbe“.
„Kann ich auch nicht finden“.
„Dann schreiben Sie doch 50 cm³ Roller“.
Welcher Schaden liegt den vor?“
„Die Kette ist gerissen“.
„Ja – welche Kette?“ Oh Mann
„Die Antriebskette!“
„Ich glaube nicht, das unser Pannenfahrzeug das Ersatzteil mit an Bord hat. Dann schicke ich besser einen Abschleppwagen“.
Wie soll auch ein ADAC-Pannenfahrzeug für einen knapp 30 Jahre alten Roller eine Kette mithaben?
„Ja, das ist in Ordnung“